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GELSOMINA BASSETTI - TEXTE

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Danilo Eccher: "Die Magie der Kunst vollzieht ihr Ritual"

aus: Katalog "Quaderni Artistici Galleria Armanti" - Varese: Bassetti (2000)


In der Welt der Kunst finden wir ruhige und erheiternde Panoramen, deren Beschreibung sanft und beruhigend scheint, Maserung und Chromatik zeigen eine reine und leuchtende Atmosphäre auf, in der die Erzählung sanft und ohne Aufregung vor sich geht. Es gibt jedoch auch beunruhigende und bedrängende Horizonte, in denen das Pigment zum malerischen Magma wird, die Atmosphäre sauer und ätzend, mit einer aus dem Innersten kommenden Farbgebung, jede nur mögliche ironische Darstellung. 

Die Malerei von Gelsomina Bassetti siedelt zweifellos in diesem letzteren Bereich an. Die wahre Hauptdarstellerin ihrer Erzählungen ist die Materialität, die farbliche Sedimentation, die in sich selbst die eigenen Figuren schafft und unter dem eigenen Gewicht jede Möglichkeit zur Zeichnung erstickt. Pigmentschichten überlagern sich ohne Pause und schaffen eine außerordentlich reichhaltige malerische Pastosität. Die Oberfläche verwandelt sich so in einen lebendigen Ort, in ständiger Bewegung. Auf diesem gepeinigten Boden bewegen sich die Protagonisten der Erzählung vorsichtig und mit Bedacht. 

Fast scheint es, als würde die so vorgegebene Umgebung die Beklemmung der Figuren noch steigern; ihre monumentale statische Form suggeriert symbolische Größe, oder besser, totemistische Größe. Auf diese Weise entsteht eine figürliche Darstellung "auf der Kippe", ein Seiltanz zwischen Malerei und Bildhauerei, Ikonografie und Abstraktion, Symbolismus und Erzählung. Das aus der Materie heraufbeschworene Bild nimmt vom Bühnenraum Besitz und überwacht dessen formelles und kompositorisches Gleichgewicht. Die Feierlichkeit der Figur ist Zeugin der existentiellen Bedeutung, die sie innehat, die ihr die Rolle der magischen und mysteriösen Ikone auferlegt. Die Magie der Kunst führt das ihr eigene Ritual aus und Gelsomina Bassetti ist Zeugin des Zaubers; ihre Erzählung wird somit mythisch, die Aufführung wird kosmisch, die Figürlichkeit wird symbolisch. Es handelt sich um eine extrem originelle und schwer einzustufende künstlerische Suche; diese Art Malerei ist zutiefst nomadisch, hat die von den Malern der "Brücke" durchforschten Gelände durchschritten, hat sich zwischen den Figuren von Sironi und Carrá bewegt, hat die metaphysischen Farben des Südens eingeatmet und die mysteriöse Atmosphäre des Nordens heraufbeschworen.

Vielleicht ist dies das intime Geheimnis der Kunst von Gelsomina Bassetti, nämlich der Versuch, die große farbliche Tradition Italiens mit der leidenden Figürlichkeit der nordischen Schule zu vereinigen. Eine einladende Fahrt, ein faszinierendes und verwirrendes Angebot, bei dem die Künstlerin sich des Risikos bewusst ist, das ihrer Suche innewohnt, aber trotzdem Iebt sie es bis zum Ende, ohne zu zögern, ohne Kompromisse, mit dem Mut derjenigen, die aus der eigenen Sicherheit Kraft schöpft. Ihre Kunst erscheint uns roh und monolythisch, aber wie die Felsenmalerei, wie gefundene Fossilien, wie die Ruinen archaischer Tempel, Iegt sie geschichtliche Erinnerungen und eine symbolische Reichhaltigkeit frei, die überraschend suggestiv sind.
 
 

 
 

Giovanna Nicoletti: "Malerei aus dem Herzen"

aus: Katalog "Quaderni Artistici Galleria Armanti" - Varese: Bassetti (2000)


Vor diesen Bildern anzuhalten ist eine Erfahrung, die unsere Gedanken über die menschliche Erfahrung nicht unberührt lassen kann. Mit ihren Bildern ist es Gelsomina Bassetti gelungen, den Doppelbegriff Kunst - Leben neu zu beleben, ein Begriff, der oft zur unerschöpflichen Quelle eines Malers oder Bildhauers wird. Unsere Augen wohnen betroffen der Entfaltung einer intimen und mit Traurigkeit beladenen Geschichte bei, einer Geschichte voller Schmerz, aber doch durchdrungen mit Ironie und Hoffnung, mit der typisch weiblichen Kraft, der Zeit und den Dingen standzuhalten. Verstohlen eignet man sich eine uns fremde Botschaft an, der Blick in das Leben einer Person, die in das eigene Schaffen verliebt ist, die noch staunen kann über die eigene Fähigkeit, sich in einer absolut bezaubernden Atmosphäre selbst darstellen zu können. Die Körper besetzten frech die Leinwand, werden aber gleichzeitig durch geometrische Strenge eingehüllt und festgehalten und durch die markant geometrischen und drohenden Formen bezwungen. Neben dem Bild und seinem "Doppel" - also dieser offensichtlich verdoppelten Gegenwärtigkeit seines selbst - erscheinen unvermittelt Gegenstände und Tiere. So werden Hunde, Katzen und Vögel, nie geborene Formen, Gedanken und Träume zu stillen und gedankenverlorenen Bewohnern dieser Kompositionen. Schläfrige, gekreuzigte Figuren, sitzende Frauen, die unfähig sind, den Anblick eines Sonnenuntergangs oder Sonnenaufgangs zu ertragen, werden zu Episoden einer Gedankenumsetzung. Der auf die Leinwand umgesetzte Gedanke klärt das selbst Erlebte und setzt eine Art Katharsis in Gang, bei der das Gefühl durch die Geste erklärt und aufgenommen wird. Während die Zeichen im Raum zur Harmonie finden und die Farben Konsistenz annehmen, entsteht so die Idee jenes "Pfeils", mit dem Gelsomina Bassetti das Spiel ihres Lebens spielt.

 

 
 

Rainer Mügel: "Die Offenbarung der unterirdischen Welten im inneren Unsiversum der Malerin in glücklicher Symbiose mit dem inneren Kosmos der Malerei"

Rede anlässlich einer Ausstellungseröffnung in Hannover
aus: Katalog "Quaderni Artistici Galleria Armanti" - Varese: Bassetti (2000)


Schon meine erste Begegnung mit Arbeiten von Gelsomina Bassetti im Herbst 1982 erzeugte die Vorstellung des Eintauchens in eine vitale Bilderflut. G. Bassetti lebte damals seit einem Jahr in Braunschweig und studierte nach einer ersten künstlerischen Ausbildung in Trento an der HBK Freie Kunst. Ein paar Freunden zeigte sie nach einigem Zureden erstmals ihre Arbeiten. Sie öffnete die Tür ihres alten Papierschrankes und aus allen Fächern quollen die wie achtlos übereinanderliegenden Blätter heraus, vor allem Aquarelle in herrlichen, kräftigen, südlichen Farbklängen. Eins schöner als das andere wurden uns die Bilder in großer Geschwindigkeit vorgeführt, bis sie uns schließlich stapelweise am Boden liegend umgaben. Ein Besuch in ihrer Wohnung und ihrem Atelier zunächst in Arco und seit kurzem im nahen Pietra Murata führt zu einem faszinierenden Eintauchen in ihre Welt. Immer geht es dabei um die Schönheit der Oberflächen und Farben, die Tiefe wird vor allem in ihrer Malerei sichtbar und spürbar. Die Malerei bildet ihr Zentrum. Die Abgeklärtheit, lntensität und der überwiegend große Ernst ihrer Bilder sind Hintergrund, Ausgangs - und Fluchtpunkt ihre Gestaltungskraft. Sind Bilder über die Malerei. Gezeigt werden Grundlagen und Möglichkeiten der Malerei: sorgfältige Grundierung und Untermalungen, lasierende, deckende, gepinselte, gespachtelte, gewischte, gekratzte, fette und magere Malerei: dargestellter Raum, ein verschwommenes, vielleicht figürliches Motiv, expressive, übermalende Pinselschwünge und klare geometrisch konstruktive Form - dies alles sind bewußte, beabsichtigte Setzungen. Das pochende Herz der Malerei aber, das bewegende Geheimnis liegt dazwischen und darunter im inneren, zu ahnen und zu spüren vor allem im Aufscheinen der Spuren und Schichten, in denen die Absicht ohne Macht ist. Das Hervorrufen dieser Kraft, die einen staunen Iässt, ist die entscheidende Aufgabe der Malerei. Lichte und tiefe Brauntöne, lndigoblau, Blaugrün, zartes violettes Rosa in immer wieder übereinander gelagerten Schichten, sich überdeckend, durchtränkend, durchschlagend oder in die grundierte Leinwand einsaugend, zunächst noch nichts GegenständIiches verratend. Farben, die sich nur sanft gezügelt und angeregt ihren eigenen Möglichkeiten und Reaktionen hingeben konnten. Solange bis sie in der Malerin die Vorahnung dieses Kopfes entstehen ließen. Durch Abdeckung der äußeren, nicht zum Kopf gehörenden Flächen mit einem dünnen, flüssigen Weiß entstand die Kopfform, der Kopf selbst als Durchblick auf das Leben der Farbe. Der malerisch vorne liegende weiße Hintergrund erschafft eine Figur, die gleichzeitig durch Kontur und die Zufälligkeiten und Klänge der zugrunde liegenden Farbe geprägt wird. Sparsam, im feisten Reagieren auf die Strukturen und Sensationen der Farben wurden Augen, Nase und Mund gesetzt, vorsichtig tastend oder mit ganz sicherer und entschlossener Spur. Der Einklang von Malweise, Farbe und Gesichtsausdruck erzeugt einen großen Ernst und eine große Ruhe. Das gemalte Gesicht scheint sich regungslos mit melancholischem Blick selbst in einem Spiegel außerhalb des Bildes zu betrachten. Es ist uns nah und zugleich unnahbar fern. Die Konzentration dieser Malerei und dieses Gesichtes auf sich selbst gibt uns die Möglichkeit zur Nähe, zur versenkenden Betrachtung und zur fortwährenden eigenen Deutung. Zum Abschluss möchte ich eine Verknüpfung mit anderen Bildern und des Werkes von Gelsomina Bassetti versuchen. Es gibt Ähnlichkeiten zwischen den Köpfen, die mich an Ikonenmalerei denken lassen, Ähnlichkeiten zwischen den Figuren, die an die Kontur - und Merkmal - betonende Malerei der Romanik erinnern und Oberflächen und FarbkIänge, die scheinbar aus Frührenaissance - Fresken stammen könnten. Je weiter ich von den Bildern entfernt bin, desto größer diese Ähnlichkeiten, je mehr ich mich den Bildern nähere, desto offensichtlicher werden die entscheidenden Unterschiede. Sie liegen im Mal - und Entstehungsprozess selbst: Um der Kürze willen, möchte ich dies nur am Beispiel Ikonenmalerei andeuten. Die Überlegungen ließen sich weitgehend auch auf die beiden anderen Aspekte übertragen. In der traditionellen, orthodoxen Ikonenmalerei z. B. entsteht das Bild nach festen Regeln. Um die Ähnlichkeit mit dem wesenhaften Urbild der dargestellten Heiligen zu erreichen, wurden und werden Bildvorlagen, die als geoffenbarte Bilder oder als "nicht von Menschenhand geschaffene Bilder" gelten, immer wieder kopiert. Das Gerüst der Kopie ist die auf den Malgrund aufgetragene Umrisszeichnung, an die sich die nachfolgende Malerei strikt häIt. Im direkten Gegensatz dazu sind G. Bassetti eindrucksvolle Köpfe nicht Produkte einer Kontur gewordenen und anschließend malerisch verwirklichten Vorstellung, sondern sie sind gerade hervorgebracht, geprägt durch die unvorhersehbar sich entwickelnde Aktivität der Farbe, die Überlagerungen der Schichten, durch die Neugier der Malerin auf die immer wieder neu und anders entstehende Schönheit, ihr empfindsames und oder impulsives Reagieren und die Faszination des Wechselspiels zwischen Vorhandenem, selbst Erzeugtem und neu Entstehendem. Die Malerei führt zur Offenbarung immer neuer, individueller Bilder, die im Werk G. Bassettis zugleich - eigenartig berührend - an tiefliegende, alte, vielleicht über - individuelle Bildwelten erinnern können. Malerei und Offenbarung sind in diesen Bildern zu einer neuartigen Einheit zusammengewachsen. Durch die offenbar werdende Malerei verleiten die Bilder von G. Bassetti nicht zum andächtigen, sich selbst vergessenden Umgang mit den Motiven, sondern sie fordern beim Betrachter die Entwicklung und das Erleben eines eigenen ungewohnten Zugangs heraus. Dies kann zu reinem Genuss der Oberflächen und Farben führen oder zu kontemplativer Versenkung und großem Ernst - es kann aber auch eine spielerische Seite haben - durch die Offenheit der Entdeckungen und die möglichen Verknüpfungen zu Geschichten, Geschichten von denen man zugleich weiß, dass sie das Geheimnis des Bildes nicht lösen werden. Das vieIfäItige geglückte Zusammentreffen der inneren Welt der Malerin mit der inneren Welt der sich entfaltenden Malerei hat Bild - Wesen einer dauerhaft herausfordernden Art erzeugt. Wir können uns mitten hineinbegeben. 

Entdecken Sie die Bilder Gelsomina Bassettis selbst. Ich wünsche Ihnen dabei viel Spaß!

 

 
 

Renato Valerio: "Das eigene Ich erforschen, um die Landschaften der eigenen Seele kennen zu lernen und zu verstehen"

aus: Katalog "Quaderni Artistici Galleria Armanti" - Varese: Bassetti (2000)


Unangetastet des Prinzips, dass sowohl der freie Gedankenaustausch, als auch die Möglichkeit, dem Empfinden von Gefühlen und den Eigenheiten des eigenen kreativen Universums durch die Entfaltung künstlerischer Fähigkeiten Ausdruck zu geben, Tätigkeiten sind, die Allen gestattet sein sollten, so können wir doch heute in der Welt der künstlerischen Aktivitäten unzählige Werke beobachten, die zu einer wahrhaften Inflation in diesem Bereich geführt haben, und deren Urheber, die dieser so bedeutenden und faszinierenden Welt vielleicht nur um des Geschmacks willen zu begegnen scheinen und um ihre hedonistische Selbstbewunderung im Rahmen einer Modeerscheinung zu befriedigen: eine Sitte, die bei dieser ganz besonderen Tätigkeit des Geistes, der Intelligenz und der kreativen Empfindsamkeit viel Verwirrung im Bezug auf die Bedeutung und des sich Bedeutens einer authentischen künstlerischen Botschaft schafft. Die Fähigkeit, bedeutungsvoll und bedeutend sein zu können, ist sicher keine Eigenschaft, die man auf der Straße oder an einem Marktstand findet, aber trotz dieser momentanen Inflation in diesem empfindlichen, ausdrucksstarken und kreativen Bereich finden wir Realitäten, in denen wir individuelle Erscheinungen beobachten können, die aus Berufung, aus natürlicher Veranlagung heraus, nach tiefgehenden Studien und Untersuchungen die Kunst zum Bezugspunkt ihres Strebens und auch des Wachstums ihrer inneren Welt gemacht haben, gleichsam eine Entscheidung für das Existentielle im Leben.

Eine derartige Realität finden wir in den Werken von Gelsomina Bassetti. Ihr Werk stellt sich von diesem Gesichtspunkt her als eine bewusste Entscheidung dafür dar, mit Hilfe ihrer überaus beachtenswerten kulturellen, technischen und professionellen Kompetenz zu kommunizieren und Poesie zu schaffen. Dabei geht die Malerin sehr wählerisch vor und ihre künstlerische Berufung ist unbestritten. Eine künstlerische Berufung, die sie zu einer glänzenden Protagonistin im Bereich Kunst macht, peinlich genau konstruierter Einsatz, hartnäckige Studien und Vertiefungen, die sich immer im Versuch abzeichnen, „nach der eigenen Geschichte in sich Selbst“ zu suchen - insbesondere, um die eigene innere Welt tief zu erforschen und zu verstehen. Alle ihre Fähigkeiten setzt Bassetti ein, und erreicht ihr Ziel dank des Ausdrucks, den ihre Gesten auf der Leinwand annehmen, dort zum Leben erwachen und Bestätigung finden, dank der Komplementarität ausdrucksstarker künstlerischer Mittel, mit denen sie ein geheimnisvolles figuratives Werk schafft, in dem eine Sprache zum Ausdruck kommt, die sich als ein kostbares Konstrukt aus chromatischen Mischungen und sich überschneidenden Tönen herausstellt, die schwingen und tiefe Empfindungen übermitteln; eine malerische Sprache, die als „technisch und gebildet“ definiert werden kann, die sich in erster Linie mit einer Grazie und Empfindsamkeit ausdrückt, die durch ihre Erinnerung, ihre Phantasie und ihre Kreativität getragen werden. Die Malerei dieser Künstlerin aus dem Trentin ist stark durch den Wunsch nach introspektiver Suche geprägt, einer Suche, die absolut danach zielt, sich selbst eine Dimension zu geben, um ihr „sensibles Universum“ nach außen tragen zu können, vielleicht, um sich in den Unruhen einer Welt und einer Gesellschaft wie der heutigen lebendiger und teilhaftiger zu fühlen, einer Welt und einer Gesellschaft, die die Künstlerin unbewusst anders möchte; anders, weil sie ahnt, dass nunmehr der allgemeine Niedergang um sich greift und dass diese Welt sogar verschuldeterweise taub gegenüber jeder Instanz und jeglichem sozialen Elend geworden ist, blind und unempfänglich gegenüber dem Schiffbruch der wirklichen menschlichen und kulturellen Leitwerte. Diesen Seelenzustand offen zur Schau zu tragen, sich zu stellen und einzutreten, um diese großen Themen und Nebensächlichkeiten des Lebens zu diskutieren und in sie einzudringen, das ist heutzutage mit Sicherheit ein seltenes, mutiges und sehr verantwortungsbewusstes Auftreten.

Diese Zielsetzung geht die Künstlerin an und bringt sie zum Ausdruck, ohne jedoch gezwungen hochmütig oder rhetorisch zu werden. Sie bietet uns diese Botschaft mit einer heiteren Reinheit der Seele und einem hellen Bewusstsein dar, die sich gegenseitig unterstützen und ergänzen, zwar im Rahmen einer durchdachten Tätigkeit, aber mit fieberhaften, vielleicht auch etwas qualvollen Akzenten. Diese Botschaft hält jedoch stand, kommt immer zum Ausdruck und enthüllt sich mit einer feinsinnigen und intriganten Poesie, die den Betrachter dieses künstlerischen Schaffens zu neugierigem und aufmerksamen Nachdenken verleiten. Um uns besser in das kreative Universum dieser einzigartigen Protagonistin unserer Zeit eindenken zu können, um die faszinierende, bisweilen verwirrenden poetischen Vision ihres künstlerischen Abenteuers besser kennenzulernen und verstehen zu können, ist es wichtig, auf eine ihrer durchdringendsten Betrachtungen zurückzukommen: "Vielleicht sind wir nur Inseln... In meinen Bildern suche ich die Menschen, Gott und meine Seele; aber ich ertrinke in der Machtlosigkeit des Seins". Sie durchschreitet eine Prozess-Wegstrecke im Innern der Seele der Dinge und dieser Pfad taucht die eigenen Gründe im hartnäckigen Willen unter, in erster Linie "sich selbst im Verhältnis zu den anderen zu verstehen" - im vollen Bewusstsein dessen, dass dieses "sich selbst in den anderen zu finden" Wachstum bedeutet.

Um dieses Ziel zu erreichen, beruft sich die Künstlerin auf die Lektion des Erkennens, sich ins Innere zu schauen, tief und ohne zu zögern, ohne sich etwas vorzumachen, im Inneren einer Art kunstvoller Laufbahn aus Ideen, Formen und phantastischen, in sich harmonischen Farben, mit denen sie es schafft, eine ausdrucksvolle Sprache ertönen zu lassen und sie somit zu verkörperlichen; eine Sprache, deren Energie sich lebhaft und mysteriös freisetzt, um auf der Leinwand Szenarien und interpretative Horizonte zu hinterlassen, die die Empfindsamkeit des aufmerksamen Beobachters bis an die Grenzen des Wunsches nach Meditation führen, der zur Betrachtung einlädt: Reize, die von Gedanken ausgehen und spirituelle Erhebung ahnen lassen. Diese besondere Empfindung entsteht aus dem Verhältnis zwischen Ausdruck und malerischer Erzählung, mit ihren bald stilisierten, bald naturalistischen Formen, und die kostbare syntaktische Materie, getränkt mit abgedämpften Farbtönen, aus denen sie besteht, die mit ihren synergetischen Harmonien auf uns zu kommen und ein Ganzes bilden, das eine musikalische ReIigiösität aufruft; und all dies kann nur aus der edlen Tätigkeit eines Geistes entstehen, der voll mit der Notwendigkeit und dem Anspruch ist, "die Iebendigsten Weisen und Gefühle", die aus dem Inneren hervorquellen, mit Bedeutung zu belegen und ihnen Gestalt zu verleihen. Hieraus kann man ableiten, dass die Tätigkeit von Bassetti unbestritten aus einer starken und vor allem reifen Motivation heraus entsteht, um sich daran zu machen, etwas zu erobern, das in der Lage ist, "das mögliche Wahre des Sinns des Lebens" zu begreifen, auch angesichts der Widersprüche, die unmissverständlich jene starken Anzeichen freilegen, die uns oft dazu verleiten, an die "Leere der Existenz" unseres Lebens zu denken, die nunmehr durch die "Vorläufigkeit des Seins" besiegt zu sein scheint: eine Vorläufigkeit des Seins, auf die sich Bassetti bei ihren durchdringenden Reflexionen ausdrücklich bezieht. Die Malerin lebt diesen ihren Vorsatz mit einer Überzeugung aus, dank derer sie hartnäckig daran glaubt, dass es auch jenseits "gewisser Grenzen" möglich ist, sich dem Unerkennbaren zu nähern; und genau diese unermüdliche Jagd nach dem Unerkennbaren, die es ihrem kreativen Willen ermöglicht, die Flamme der Hoffnung auf ein "ich", das in ihr ist, brennen zu lassen - immer aufmerksam gegenüber der konstanten Bejahung eines Gleichgewichts und auch in der Hoffnung, Gott zu suchen und zu finden. Bei dieser Herausforderung setzt sich Bassetti das Ziel, immer tiefer im Universum ihres Unbewusstseins zu sondieren und auch im Inneren ihres reellen und existentiellen Lebens, ohne jedoch dabei den Blick und das Bewusstsein von einer vergegenständIichten menschlichen und sozialen ReaIität im Allgemeinen abzuwenden. Es handelt sich um eine introspektive Analyse mit vergegenständlichender Projektierung, die die KünstIerin vollzieht - zwar vollkommen alleine, aber mit einem augenscheinlichem Schweigen, das Alle anschreit, weil es eben "vergegenständlichend" wird und das Elend und die existentiellen Ängste vieler anderen "Entitäten" aufdeckt, die - vielleicht - nicht ihren Mut besitzen, also, sich aufs Spiel zu setzen und mit bewusster Heiterkeit den Willen und die Fähigkeit auszudrücken, "sich Innen so zu lesen", wie man ist.

Dieses gesamte Universum an Dingen erforscht und untersucht Bassetti, um es klar zum Ausdruck zu bringen, auch um den Preis qualvoller, manchmal sogar grausamer und erbarmungsloser Pein: ihr Mut ist mit einer Bestimmtheit ausgestattet, die hauptsächlich im vollen Bewusstsein gereift ist, diese Entscheidung auch "immer in erster Person, ganz und bis zum Ende" bezahlen zu müssen; ein bewusstes zur Kenntnis nehmen der Tatsache, dass man sich zwar alles nehmen kann, aber mit ebenso großer Bestimmtheit auch die Einsicht, dass man in keiner Weise die eigene Rolle ablehnen kann, das heißt, die eigene "Existenz und den eigenen Sinn des Lebens" insbesondere darzustellen, um die eigene Rolle nicht im Ritual und im entwürdigenden Grau der heutigen täglichen Existenz ertragen zu müssen. Alles scheint bewegt und bedingt durch ein Universum aus Tausenden von Eingaben und Emotionen, die innerhalb eines sowohl reellen, als auch imaginären Gelebten wohnen, die schwierig mit einer einfachen Definition klassifiziert werden können, es sei denn durch eine Definition, die die Seele betrifft, eine Seele, die in ständigem Kampf und Konflikt mit sich selbst ist und eine unnachlässige Suche nach dem eigenen Gleichgewicht, immer jedoch innerhalb starker Motivationen, die danach streben, sich zum Absoluten zu erheben, wahrscheinlich in den grenzenlosen und verborgenen Gebieten des Unerkennbaren, wo vielleicht eine bewusste Verrücktheit (typisch nur für wahre Künstler) den Versuch wagen kann, einzudringen.

Aber was kann heutzutage eine Künstlerin dazu bringen, sich mit einer derartigen existentiellen Problematik auseinander zusetzen? Diese Frage ist ein Teil des großen Mysteriums der Kunst. Wir wagen zu behaupten, dass sich vielleicht gewisse edle Ressourcen erst dann entzünden, wenn sie sich der Jugendträume sicher sind und wenn sie nicht gegen die Mauer der Gleichgültigkeit und der Unwerte geprallt sind, oder wenn die Ungerechtigkeiten und Pflichtverletzungen so häufig in deiner Existenz werden, dass sie es leise und unerbittlich schaffen, dich innen mürbe zu machen, bis deine Seele in Stücke zerrissen ist und deine wahrsten Gefühle zerbrochen sind; dies ist vielleicht genau der negative existentielle Sättigungspunkt, an dem du dich schließlich in deinem Sein entleert und ausgelöscht und sogar am Ende fühlst. Und dann spürst du in dieser ganzen Ohnmacht eine unterschwellige Wut, die in dir drückt und du merkst, wie dir die Ecken des Herzens weh tun, weil sie dich in deiner Würde verletzt haben; und so springt die Feder los und ruft dich zur Befreiung auf. Dies alles muss es gewesen sein, was diese Künstlerin aus dem Trentin auf der eigenen Haut erprobt hat; und wahrscheinlich hat ein Stück menschlicher und intellektueller Stolz in ihr rebelliert.

Man sollte jedoch nicht banal werden und denken, dass dieses Verhalten der Bassetti einzig und allein "moralistisch" sei, und auch nicht, dass diese Art zu schaffen eine einzelne Episode sei oder als Vorwand dazu diene, einen angeblich neuen künstlerischen Weg einzuschlagen, eine grobe und typische Angewohnheit der leichten Sitten im Aktionsbereich der vergnüglichen Moden, sondern vielmehr behauptet sie sich und hebt sich hervor als Ergebnis unzähliger Reflexionen und Forschungen. Mit anderen Worten, die Künstlerin aus dem Trentin durchbohrt die Oberfläche dieser Realität, um tiefer und unter die Haut der Dinge zu gelangen, auf der Suche nach tieferen und verborgeneren Bedeutungen und Werten, hauptsächlich deswegen, um die verschiedenartigsten Reflexionen zu stimulieren und hervorzurufen. So macht sich das Konzept einer Sprache breit, die, auf der Suche nach dem Ausprobieren neuer Wege durch die Ausdrucksmittel und geführt von einer durch den Geist der Erkenntnis und der Wissenschaft vermittelter Geste dahin gelangt, mit der gesamten Kraft der Struktur und der malerischen Ausdrucksformen manchmal unbequeme und beunruhigende Bedeutungen zu durchdringen, die auch unseren existentiellen Raum kennzeichnen und bevölkern und vielleicht auch die Träume, Hoffnungen und vielleicht nie enthüllte Phantasien, die jedoch unterschwellig vorhanden waren und die unser aller Existenz eigentlich in Gang bringen. Dies sind die darauf folgenden möglichen Verwicklungen eines formellen Gedanken, der seine plausible Begründung mit dem Inneren des sich Gegenüberstellens von Abwechslungen und Metamorphosen verschmilzt, mit Metamorphosen, die durch eine sehr originelle Art zu malen die Lebensformen bewegen, die uns an die Ursprünge zurück zu fuhren scheinen: Lebensformen, die sich beseelen und von einer malerischen Struktur durchdrungen sind, die als "zeitlos" definiert werden kann. In dieser Gruppe Arbeiten finden wir Stilelemente und Formen menschlicher Gegenwarten, die auf mysteriöse Weise auftauchen, manchmal auch ohne "logische ErkIärung", die jedoch als klarer Versuch erscheinen, sich in einem weitergehenden Verständnis wiederzufinden, mit der Absicht, unbewusst auch das zu suchen, was man als Anspruch und große Notwendigkeit nach dem Mensch auslegen könnte, als mögliche Rückkehr zu stabileren und universellen Idealen und Bezugspunkten.

Somit wird klar, dass das unendliche, sprachlich und malerisch artikulierte Gewebe, das Bassetti geflochten hat, herangezogen und zu dem Ziel benutzt wird, Ietztendlich "die Vereinigung des eigenen Seins mit den anderen" zu sehen. Dieses Ziel will die Künstlerin durch das Mittel einer malerischen Aktion erreichen, die nie vöIIig frei von der Absicht ist, ihrer künstlerischen Idee auch eine "spirituelle Ordnung" zu verleihen und dass sie immer hartnäckig danach strebt, Kommunikationsformen auszudrücken, um "sich wiederzufinden", im Bewusstsein, dass jedoch hinter der Ecke die Gefahr Iauert, die alles auslöscht und zerstört. Man könnte damit abschließen, dass dieser intelligente und intrigante künstlerische Vorschlag von Bassetti, der sich aufgrund der Probleme, die er aufzeigt, in vieler Hinsicht als unangenehm herausstellt, hauptsächlich denjenigen offenbaren kann, die nicht abgelenkt und voreingenommen sind, ein gesunder Anhaltspunkt, der als Stimulans dazu fungieren kann, den Mut zu finden "tiefer in die Dinge des Lebens und in die Abgründe der eigenen Seele zu schauen", in erster Linie, um diese "Vorläufigkeit des Seins" zu überwinden. Es erscheint uns auch eine kostbare Einladung zum Sehen, Verstehen, Erfassen, Fühlen und Übersetzen der Stimmen der edelsten Empfindungen, die jeder von uns mit Sicherheit besitzt; eine kostbare Einladung, die es möglich machen kann, weiter zu wachsen.

 

 
 

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kunstdirekt.net / Peter Eckardt